Präzision – auch bei Temperatur­schwankungen am Aufstellort: Röders halbiert mit seinen neuen RPT-Maschinen die Bearbeitungs­toleranzen

Toleranzen halbieren – ist das möglich, könnte man fragen, wenn man sich die Qualität der Werkstücke ansieht, die auf hochpräzisen Werkzeugmaschinen bereits erreicht wird. Doch bei Röders in Soltau ging man genau dieser Frage nach …

«Die langjährige Anwendungserfahrung und die umfang­reiche Eigenentwicklung in Konstruktion, Steuerungs- und Regelungstechnik führen bei uns zu einem sehr detaillierten Wissen über unsere Maschinen», erklärt Jürgen Röders, Geschäfts­führer und in sechster Generation Inhaber des Maschinenherstellers Röders aus Soltau. «Damit können wir sehr gut beurteilen, bei welchen Komponenten sich eine Entwicklung für eine Verbesserung der Präzision lohnt und wo es nicht so viel bringt bzw. nur die Maschine teurer macht», so der 60-jährige Maschinenbauingenieur. Dies sei das solide Fundament für Entwicklungen und erlaube es, sehr effizient und pragmatisch die einzelnen Projekte anzugehen. Für die neue Maschinenbaureihe RPT haben die Spezialisten bei Röders auf dieser Basis die bereits hochpräzise Technik der seit 2004 kontinuierlich weiterentwickelten RXP-Maschinen in allen Einzelheiten grundlegend bewertet, um darauf aufbauend über sinnvolle Weiterentwicklungen für die neue Baureihe zu entscheiden.


Thermische Effekte

Die nach wie vor größte und von den Kunden häufig unterschätzte Ursache für Abweichungen bei der Bearbeitung sind thermische Effekte, insbesondere Temperaturschwankungen am Aufstellort der Maschine. Wenn der Anwender hier ideale Bedingungen mit hoher Temperaturkonstanz schafft, wirkt sich das direkt auf die Bearbeitungsgenauigkeit aus. Doch das erfordert eine aufwendige Klimatechnik und der Betrieb solcher Anlagen ist sehr energieintensiv. Daher definierte man in Soltau als vorrangige Aufgabe, die Maschinen auch bei nicht idealen Temperaturbedingungen am Aufstellort bestmöglich geometriestabil und damit präzise zu halten. 

Für dieses Entwicklungsvorhaben wurden bei Röders spezielle Klimaräume mit selbst entwickelter Steuerung geschaffen, in denen jeweils eine Maschine Platz fand. Auf diese Weise war es möglich, festzustellen, was unter idealen Bedingungen erreichbar ist, aber auch das Verhalten der Maschine – insbesondere die Verlagerung von Nullpunkten – bei beliebigen Temperaturverläufen zu beobachten.

«Jedem Fachmann ist sofort klar, dass eine Maschine, bei der
sämtliche Komponenten ideal temperiert sind, robust gegenüber Temperaturschwankungen ist», berichtet Röders von der Entwicklung. «Jedoch wussten wir auch, dass das nicht die Lösung sein kann, da dafür der Aufwand und damit die Kosten extrem hoch wären.» Daher wurde ein abgestuftes Konzept entwickelt und die entsprechend vorbereiteten Maschinen über lange Zeiträume mit verschiedenen Temperaturverläufen getestet. Als Ergebnis bietet Röders unter dem Namen Precitemp drei Ausstattungsvarianten für die neue RPT-Reihe an: Je nach Anforderung des Kunden können die Maschinen auf diese Weise auf verschiedene Präzisionsniveaus gebracht werden, indem unterschiedlich viele Kreisläufe für exakt temperiertes Wasser und Temperaturregelungen für die Luft in den unterschiedlichen Bereichen integriert werden. Minimale Restfehler werden per softwaregesteuerten Regelungen kompensiert. Die Ergebnisse bei Maximalausstattung sind beeindruckend: Die Maschine kann bei einer Temperaturschwankung von +/- 3°C noch auf bis zu +/-1µm geometriestabil gehalten werden.

Besonders für Anwender, bei denen Maschinen für unterschied­lich präzise Bearbeitungen in einer Halle stehen, kann dieser Ansatz große Vorteile bringen. Für eine hohe Genauigkeit auf der einen Präzisionsmaschine muss nun nicht mehr die gesamte Halle aufwendig exakt temperiert werden. Bestandsmaschinen können in einem für sie passenden Umfeld mit Temperaturschwankungen weiterhin betrieben und die neue Präzisionsmaschine kann per Precitemp-Technologie auf diese Bedingungen abgestimmt werden. Das spart Kosten und insbesondere Energie.

Voraussetzung für dieses Vorgehen ist natürlich, dass die internen Wärmequellen der Maschine wie Spindel und Achsmotoren keinen Einfluss auf die Geometrie der Maschine haben. Aber das ist bei Röders auch bei der RXP-Reihe bereits lange Stand der Technik. So werden z.B. die Temperaturschwankungen der Frässpindel durch ein zweistufiges Konzept über eine mit hohem Volumenstrom durchflossene Temperierhülse gegen die Z-Achse abgeschirmt. Ein externer Sensor misst berührungslos im Submikrometerbereich die Längung der Spindelwelle, um hohe Präzision in Z-Richtung zu gewährleisten. Bei Bedarf – z.B. für die Schnellhubbearbeitung im Koordinatenschleifen – werden die Führungsschienen optional mit Wasser temperiert.

Lediglich bei den 5-Achs-Maschinen für die Lager der Drehschwenkeinheit war noch eine Weiterentwicklung zur Verbesserung des thermischen Verhaltens erforderlich. Die Torquemotoren der Direktantriebe werden standardmäßig mit Wasser auf Temperatur gehalten. In der neuen Baureihe werden jetzt außerdem die Lager und die Maschinentische temperiert. Das hält Abweichungen bei höheren Drehzahlen deutlich geringer. 


Mechanische Genauigkeit und Oberflächenqualitäten

Unabhängig von thermischen Einflüssen sind die Toleranzen der Drehschwenkeinheit bei 5-Achs-Maschinen sehr bestimmend für die erreichbare Präzision in der Maschine. Daher wurden diese Einheit und die eingesetzten Komponenten bei Röders noch einmal besonders in Augenschein genommen und optimiert. Jürgen Röders erklärt stolz: «Im Ergebnis glänzen nicht nur die auf den neuen RPT-Maschinen gefrästen Werkstücke, sondern auch die RPT-Maschinen mit noch höherer Genauigkeit.» 

Sowohl die Messungen durch die Entwicklung an den Maschinen als auch erste Kundenversuche im Technikum bei Röders zeigen, dass die Bearbeitungstoleranzen gegenüber der RXP-Reihe halbiert werden können. «Welche Genauigkeiten erreicht werden, hängt natürlich auch ganz wesentlich vom Bearbeitungsprozess ab», sagt Sebastian Knaack, stellvertretender Technikumsleiter bei Röders. So führen beispielsweise große Werkzeug­längen zu unvermeidbaren Abdrängungen und damit Abweichungen, bei denen dann auch eine deutlich präzisere Maschine nicht viel weiterhilft. «Doch wenn der Prozess stimmt, sind die neuen RPT-Maschinen von Röders ein echter Sprung nach vorn», so Knaack. 

Bei der Entwicklung der neuen Maschinenbaureihe wurden bei Röders ebenfalls die Einflussparameter für eine hohe Oberflächenqualität umfassend und grundlegend betrachtet. Wesentlich für die Oberflächenqualität sind die zur Verfahrrichtung der Achse senkrechten Bewegungen. Auch wenn diese Querauslenkungen im Submikrometerbereich liegen, können sie sich bei zeilenförmiger Bearbeitung eines Werkstücks mit einem Kugelfräser in der Oberfläche abbilden.

Ohne auf die sehr steifen und kosteneffizienten Rollenführungen in den Linearachsen zu verzichten – die sich besonders bei hoher Achsdynamik und Schruppbearbeitungen bewähren –, wurden die Führungen in enger Zusammenarbeit mit einem renommierten Partner deutlich verbessert. Durch Optimierungen der Laufbahn in den Führungswagen konnten die Querbewegungen von maximal +/- 0,2μm auf rund +/- 0,05μm erheblich verringert werden. Nanotol nennt Röders daher auch diese neue Technologie, die die neuen RPT-Maschinen von denen der RXP-Baureihe unterscheidet und eine erhebliche Qualitätssteigerung der bearbeiteten Oberflächen mit sich bringt.


Optik und Ergonomie

«Als ein sehr pragmatisch agierendes Unternehmen haben wir die Optik der Maschinen in der Vergangenheit immer etwas zweitrangig behandelt. Im Vordergrund stand stets die technische Leistung. Das ging so weit, dass wir auch mal einen Auftrag aufgrund des Aussehens unserer Maschinen verloren haben», berichtet Jürgen Röders. Dabei muss eine gute Gestaltung nicht unbedingt die Kosten stark erhöhen, wenn man bereits in der Konstruktionsphase darauf achtet. «Das wollten wir diesmal unbedingt umsetzen – und herausgekommen ist ein echter Hingucker», so Röders, «mit dynamisch modernem Erscheinungsbild.» 

Doch Optik ist nicht alles. Für die Überarbeitung des Designs wurden Rückmeldungen von Kunden der RXP-Maschinen im Service und aus dem Technikum zur Ergonomie ausgewertet. Gleichzeitig war es Röders wichtig, die Vorteile der bisherigen Baureihe wie die gute Einsicht und Zugänglichkeit zum Arbeitsraum von zwei Seiten oder die einfache Automatisierbarkeit zu wahren. Herausgekommen sind viele Verbesserungen im Detail, die das Leben der Maschinenbediener erleichtern, wie das Öffnen der Türen per Knopfdruck statt mit einem Drehgriff und ein neues Beleuchtungskonzept für den Arbeitsraum, bei dem das Licht in Blickrichtung des Bedieners auf das Werkstück gerichtet ist. Außerdem wurde der Schaltschrank mechanisch entkoppelt: Er steht bei der RPT-Baureihe eigenständig neben der Maschine, damit sich dynamische oder vibrationsreiche Bearbeitungen nicht negativ auf die Lebensdauer der Elektronik auswirken.

Auf der AMB in Stuttgart wurde Mitte September mit der RPT 800 DSH die zweite Maschinengröße der neuen Baureihe als 5-Achs-Bearbeitungszentrum vorgestellt. Es kann – je nach Anwendung – mit unterschiedlichen Spindeln und Optionen ausgestattet werden. Auf der Drehschwenkeinheit findet ein UPC-Spannfutter von Erowa Platz, sodass die RPT 800 DSH ideal für mittelgroße Werkstücke ist. Die Maschine gibt es selbstverständlich auch in 3-Achs-Ausführung. Zur EMO in Hannover war im September des Vorjahrs bereits erstmals die kleinere RPT 600 DSH gezeigt worden. «Weitere Maschinen der neuen RPT-Baureihe werden folgen – und die Entwicklung bei den vorhandenen RPT-Maschinen bleibt natürlich auch nicht auf dem jetzigen Stand stehen», sagt Jürgen Röders und lächelt vielversprechend.

| Robert Fiedelmann, Soltau

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