Der Mensch im Mittelpunkt beim VDWF-WBA-«Praxisforum Werkzeugbau»: Innovationen zwischen Ökonomie und Ökologie

Am 24. September war die Angewandte Kunststofftechnik der Hochschule Schmalkalden Gastgeber des jüngsten VDWF-WBA-Praxisforums Werkzeugbau. Zu der unter dem Motto «Der Mensch als Lösung» stehenden Veranstaltung kamen rund 100 interessierte Branchenvertreter zusammen, um spannende Vorträge zu hören und sich in fachkundiger Runde auszutauschen.

Die Herausforderungen für die Unternehmen des Werkzeug- und Formenbaus waren in den vergangenen Jahren durchaus vielfältig. Gerade das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung und die Branche muss sich im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie verorten. Allerdings wäre es falsch, diese Themen als ein Gegeneinander aufzufassen, vielmehr kann und sollte der Druck als Initial für innovative Veränderungen aufgenommen werden, so ein Fazit des jüngsten Praxisforums Werkzeugbau, das gemeinsam vom VDWF und der WBA Aachener Werkzeugbau Akademie an der Hochschule Schmalkalden veranstaltet wurde.

Thomas Seul, Professor für Fertigungstechnik und Werkzeugkonstruktion an der Hochschule Schmalkalden und Präsident des VDWF, stellte in seiner Begrüßung ganz im Sinne des Veranstaltungsmottos den Menschen in den Mittelpunkt. Zur Lösung technologischer, ökonomischer und ökologischer Herausforderungen bedürfe es gut ausgebildeter Problemlöser, so Seul, etwa aus anwendungsnahen ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen wie der Kunststofftechnik.


Rezyklate und Öko-Effektivität als Problemlöser

Um die Lösung eines konkreten Problems ging es im ersten Vortrag. Frank Schockemöhle von Pöppelmann referierte über das Thema «Reduzierung der Treibhausgasemission durch Einsatz von Rezyklaten» und erläuterte, das Familienunternehmen aus Lohne habe es sich zum Ziel gemacht, seine Produktion als nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu gestalten. Die Umsetzung soll in einer mehrstufigen Strategie erfolgen. Unter anderem sei es nötig, bereits beim Produktdesign die spätere Wiederverwertbarkeit mitzudenken und Objekte möglichst sortenrein zu gestalten.

WBA-Geschäftsführer Dr. David Welling sprach im zweiten Vortrag von einer multiplen Krise im Werkzeug- und Formenbau, welcher mit dem Ansatz der Öko-Effektivität entgegengewirkt werden könne. Wirtschaftliche und umwelttechnische Herausforderungen seien häufig mit ein und derselben Lösung zu bewältigen – sofern sie gut durchdacht ist. Ein Beispiel dafür sei die Reaktion auf hohe Energiekosten: Durch eine noch effizientere Produktion könne man nicht nur ökonomische Vorteile erzielen, sondern gleichzeitig auch die Treibhausgasemissionen verringern.


Einsparungen dank Mehrplattentechnik und Schäumen

Per Videoübertragung in die BMW-Leichtmetallgießerei in Landshut führte die Zuhörer anschließend der Vortrag von Klaus Sammer, Leiter Produkt- und Prozessplanung, und Thomas Kopp, Entwicklungsingenieur. Das bei BMW eingesetzte Verfahren des Aluminiumdruckgusses wurde mit der Zeit immer mehr verfeinert: Die in Landshut vor Kurzem entwickelte Mehrplatten-Werkzeugtechnik erlaubt es etwa, bei der Konstruktion der Komponenten nun eine funktions- statt fließwegoptimierte Bauteilkonstruktion zu realisieren. So lassen sich Material und Gewicht gleichermaßen einsparen.

Im Kunststoffspritzguss lässt sich Material auch durch Schäumen einsparen. Darauf und auf weitere Vorteile dieses Verfahrens machte Uwe Kolshorn vom Kunststoff-Institut Lüdenscheid in seinem Vortrag aufmerksam. Er verwies auf eine «andere Denke» beim Kunststoffschäumen, die etwa beinhalte, bereits bei der Konstruktion der Komponenten die Charakteristika des Schaums im Blick zu haben, um die gebotenen Vorteile auch nutzen zu können.


Ein Netzwerktreffen in turbulenten Zeiten

Emotional wurde es beim lebendigen Vortrag von Christen Merkle, Geschäftsführer des Hydraulikzylinder-Spezialisten AHP Merkle. Den Schwerpunkt legte er auf den Gegensatz zwischen unseren wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich zunehmend unsicheren Zeiten und dem gleichzeitig auf unternehmerischer Seite bestehenden Verlangen nach langfristiger Planbarkeit. Seiner eigenen sozialen Verantwortung ist sich Merkle bewusst und handelt als Unternehmer auch entsprechend: So verzichtete er während der Coronapandemie etwa auf Maßnahmen wie Kurzarbeit und setzte stattdessen verstärkt auf Forschung und Entwicklung – eine Entscheidung, von der sein Unternehmen nun profitiert.

Stephan Hoffmann, Geschäftsführer von Formconsult aus Schmalkalden, schloss den Abend mit einem Vortrag ab, der in eine Firmenbesichtigung mündete. Hoffmann erläuterte die drei Säulen, auf denen der Werkzeugbau seines Unternehmens ruht. Dazu gehören als Erstes die Bereiche Entwicklung, Konzipierung und Simulation, als Zweites der Werkzeug- und Formenbau selbst und als Drittes das der Qualitätssicherung dienende Technikum.

Als übergreifendes Netzwerktreffen bietet das Praxisforum Werkzeugbau den Teilnehmern nicht nur interessante Vorträge, sondern auch Gelegenheit, sich über Unternehmensgrenzen hinweg auszutauschen. Möglich gemacht wird dies durch die freundliche Hilfe von Partnern aus der Wirtschaft (FDU Hotrunner, HoliMaker, Meusburger, Moulding Expo, Partool und Process Gardening). Darüber hinaus öffnete auch die Angewandte Kunststofftechnik (AKT) an der Hochschule Schmalkalden ihre Türen und gab den Teilnehmern einen detaillierten Einblick in die praxisnahen Forschungsaktivitäten am Standort.